Huldigung an Abraham a Sancta Clara.
Wenn Abraham a Sancta Clara vor dem kaiserlichen Hof in Wien predigte, dann stieg er auf die Kanzel, schlug die Bibel auf und legte den Finger auf eine beliebige Stelle. Über diesen Vers, den er vorher nicht kannte, predigte Abraham a Sancta Clara aus dem Stegreif.
Er predigte so spannend, dass er Neider bekam. Abraham a Sancta Clara predige nicht aus dem Stegreif, sagten sie, er kenne seinen Bibelvers im voraus. Um ihn vor dem kaiserlichen Hofstaat zu blamieren, versteckten sie eines Sonntags die Bibel.
Wie gewohnt stieg Abraham a Sancta Clara auf die Kanzel. „Hier müsste meine Bibel liegen“, rief er verblüfft. „Doch hier ist nichts! --- Aus nichts hat Gott die Welt erschaffen!“ Eine volle Stunde lang predigte Abraham a Sancta Clara aus dem Stegreif über nichts. Und die Kaiserin hing an seinem Munde. Noch nie, sagte Kaiser Leopold danach, sei er so spannend unterhalten worden.
Schlechte Prediger sind wie schlechte Journalisten. Jeder Satz aus ihrem Munde strotzt vor Wichtigkeit, jedes ihrer Worte wiegt schwer wie Blei. Gott ist anders. Aus nichts hat er die Welt erschaffen, im leichten Spiel der Phantasie. Und das Spannendste, was je zu hören war in einer deutschen Kirche, war eine göttlich freie Predigt über nichts.