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es
entspricht evangelischem Wesen, in der Kirche das geklärte Abbild des täglichen
Lebens und der täglichen Geisteshaltung zu sehen. Diese aber zielen auf
Einfalt, Wahrhaftigkeit und Würde; das heißt: die äußere Erscheinung soll
Ausdruck des inneren Lebens sein, ohne Trug, ohne Prunk, werbend, einladend
durch ihr stilles Sein, ohne reklamehaften Schein. Das alles ist weit entfernt
von Armseligkeit oder gar einem asketischen Prunken mit Armut. Bauen heißt
Sichtbarwerden, heißt Bekennen, und zwar Bekennen nicht mit Worten, die verklingen oder sich umdeuten
lassen, sondern mit Steinen, die bestehen und oft mehr Bekenntnis offenbaren ...
als die Bauenden, die Gemeinde mit ihrem Baumeister, ahnen. So bedeutet
Bescheidenheit der Mittel die stolze Kraft, das Wesentliche ganz wahrhaft
auszudrücken ... |
1940 |
Otto Bartning in
"Glaube und Form" |
So
mag nur der wohl heute eine Kirche bauen,
der sie von innen her in Frage stellt - und an sie glaubt,
der diesen Glauben mit der dem künstlerischen Gewissen abgerungenen
Wahrhaftigkeit darstellen muß.
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1919
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Otto Bartning in
"Wahrhaftigkeit vor dem Gewissen" |
Ich
habe mein lebelang Kirchen gebaut in dem bewußten oder unbewußten
Drange, die Menschen sanft zu überreden oder hart zu bedrohen, daß sie
stille darin werden und auf die innere Stimme lauschen möchten, um
alsdann hinauszutreten und aus der inneren Stille heraus stark und klar
zu handeln und zu lieben. |
1947
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"Otto Bartning in kurzen Worten" |
Die
Kirche soll alle Tage geöffnet sein. ...
Dem Diebstahl ausgesetzte Schmuckwerte sollen lieber vermieden
werden,
als dass um des Schmuckes willen die Kirche an sechs Tagen der Woche
verschlossen bleibt.
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1922
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Otto Bartning im
Erläuterungsbericht zur Sternkirche |
Durchgang,
Aufstieg und Wendung sollen vom Alltag der Straße zur Kirche führen,
zu einer Kirche, die jederzeit zu stiller Einkehr offen steht.
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1928
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Otto Bartning in
seiner Ansprache bei der Einweihung der Stahlkirche in Köln |
Die
Seelsorge ist die vornehmste Aufgabe des Pfarrers als eines
persönlichen Menschen; ihr baulicher Ausdruck ist das Pfarrhaus. Es
nicht nur zur Dienstwohnung im gewöhnlichen Sinne, sondern zur
Werkstatt der Seelsorge zu schaffen ..., sei der gemeinsame Wille von
Bauherr und Architekt ... |
1919
|
Otto Bartning in
"Vom neuen Kirchbau" |
Wenn
man Luthers Schriften liest, trifft man auf viel Zwar-Aber; und wenn man
es recht aufnimmt, merkt man, daß das Wesen des Protestantismus gerade
darin wirkt. Er, der Augustiner, hat die Polarität im Menschen wieder
aufgedeckt, jene ewig treibende Kraft zwischen Selbstverantwortung des
Menschen und Führung Gottes. |
1936
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Otto Bartning in
"Vom evangelischen Kirchbau in der Fremde" |
Kirchliche
Religiosität ist im heutigen Menschen den anderen Willensrichtungen
untergeordnet, obwohl der Strom religiösen Wollens fühlbar schwillt.
Niemand, am wenigsten die Kirche selbst, wird dies bestreiten können
und auch nicht bestreiten wollen, da Selbsttäuschung hier wie in allen
Dingen nicht weiterhilft.
Daraus aber steigt die viel umfassendere Frage auf: Fließt heute das
religiöse Leben durch die Ufer der Kirche, wird von ihnen gefaßt,
formt sie und läßt sie grünen, oder hat sich der Strom in tausend
Nebenarme verlaufen oder wühlt er sich ein neues Bett und läßt das
alte vertrocknen? Das Bett ist um des Stromes willen und nicht der Strom
um des Bettes willen. Mag sein Lauf gehen wie er muß; möge er gehen
wie wir es innig wünschen: sicherlich wird eines Tages das Strömen
wieder Strom, das religiöse Leben wieder Form und Gestalt werden.
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1919
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Otto Bartning in
"Vom neuen Kirchbau" |
Aber
eine Kirche wird nicht mehr aufbauen können auf der sich genau
kennenden, sittlich bewachenden und stützenden Gemeinde, sondern auf
dem persönlichen Gewissen (Protestantismus so gesehen ist keine Kirche,
sondern die Grundstellung des Menschen) und auf der Feier als höchste
Form kosmischer Gebundenheit (religiös im urkatholischen Sinne). An
Stelle der Gemeinde tritt die Gemeinschaft.
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1931
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Otto
Bartning in "Der heutige Mensch und die Kunst" |
Übermäßige
Bewertung der Kanzelrede, des Kanzelredners, dem nicht eine Gemeinde,
sondern eine Versammlung kritischer Einzelhörer gegenübersitzt, das
war das Zeichen des reif gewordenen Individualismus, und sein bauliches
Spiegelbild: die bequem und geschmackvoll ausgestattete Predigtkirche
der letzten Jahrzehnte; der Individualismus aber wendet sich. Die
Grunderfahrung aller Religion von der Unseligkeit des Individuums und
die Sehnsucht nach Erlösung durch die Hingabe und die Gemeinschaft im
Göttlichen wird wieder lebendig. ... Damit steht die Aufgabe des
evangelischen Kirchbaues vor uns: die Kirche zu bauen als Aufenthalt und
als sichtbare Gestalt der gläubigen Gemeinschaft für einen
Gottesdienst, in welchem Predigt und Feier eine lebendige Einheit
bilden. |
1940 |
Otto Bartning in
"Glaube und Form" |
Wenn
heute der Kirchbau Anspruch auf Stadtmitte oder gar Stadtkrone erhebt,
krankt der Bau an diesem Anspruch
sowohl geistig wie architektonisch oder er scheitert daran.
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1959?
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Otto Bartning |
OBAK
2005-2009 - http://www.otto-bartning.de
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